Defi

Kryptokreditmarkt wächst trotz Bitcoin-Konsolidierung bei $90.000

 

Bitcoin bleibt über der Marke von 90.000 US‑Dollar stabil, während die Angst im Markt anhält, Ether-Treasury-Käufe um 81 % einbrechen und große Unternehmen weiterhin massiv Ethereum akkumulieren und die DeFi-Infrastruktur wächst.

Kurz erklärt

  • Bitcoin konsolidiert über 90.000 US‑Dollar, während die Marktstimmung laut Fear-&-Greed-Index im Bereich „Fear“ verharrt.
  • Große Akteure wie BitMine Immersion Technologies akkumulieren Milliardenbeträge in Ether, Citadel Securities fordert strengere DeFi-Regulierung.
  • Ether-Treasury-Käufe fielen seit August um 81 %, der DeFi-Kreditmarkt wuchs auf rund 25 Milliarden US‑Dollar, die Fed-Zinsentscheidung steht bevor.

Was passiert aktuell mit Bitcoin und Ethereum im DeFi-Sektor?

Bitcoin notiert weiter oberhalb der psychologisch wichtigen Marke von 90.000 US‑Dollar, obwohl die Anlegerstimmung laut dem Fear-&-Greed-Index von CoinMarketCap mit einem Wert von 25 noch immer von Angst geprägt ist. In der breiteren Kryptolandschaft zeigt sich eine Konsolidierung nach der starken Markterholung der Vorwoche.

Parallel dazu schwächt sich der Trend der Ether-Treasury-Käufe deutlich ab. Nach Daten des Assetmanagers Bitwise sind die monatlichen Käufe sogenannter Ethereum Digital Asset Treasuries (DATs) von 1,97 Millionen ETH im August auf nur noch 370.000 ETH im November eingebrochen – ein Rückgang von 81 %.

Trotz dieses Rückgangs gehen große, gut kapitalisierte Unternehmen weiter in die Offensive. BitMine Immersion Technologies, der größte bekannte Corporate-ETH-Halter, kaufte allein im vergangenen Monat rund 679.000 Ether für etwa 2,13 Milliarden US‑Dollar und hat damit laut Strategicethreserve bereits 62 % seines Ziels erreicht, 5 % des gesamten Ether-Angebots zu halten.

BitMine verfüge zusätzlich über Bargeldreserven von rund 882 Millionen US‑Dollar, was laut den vorliegenden Daten weitere mögliche ETH-Zukäufe nahelegt. Andere Treasury-Firmen nutzen die Zeit, um Kapital für künftige Ankäufe einzuwerben, statt den Markt kurzfristig aggressiv zu bespielen.

Im regulatorischen Umfeld hat der Marktmacher Citadel Securities mit einem Schreiben an die US-Börsenaufsicht SEC für Aufsehen gesorgt. Das Unternehmen argumentiert, dass DeFi-Protokolle, Entwickler von Smart Contracts und Anbieter von Self-Custody-Wallets keine weitreichenden Ausnahmen erhalten sollten, wenn über ihre Plattformen tokenisierte US-Aktien gehandelt werden.

„Granting broad exemptive relief to facilitate the trading of a tokenized share via DeFi protocols would create two separate regulatory regimes for the trading of the same security. This outcome would be the exact opposite of the ‚technology-neutral‘ approach taken by the Exchange Act.“ – Citadel Securities, in einem Schreiben an die US-Börsenaufsicht SEC

Citadel argumentiert, dass viele DeFi-Plattformen rechtlich als „Börse“ oder „Broker-Dealer“ einzustufen seien und deshalb vollständig unter das Wertpapierrecht fallen sollten, falls sie tokenisierte Aktien handelbar machen. Diese Position löste erhebliche Kritik in der Krypto-Community aus, die dadurch eine Gefährdung offener Innovation im DeFi-Bereich sieht.

Auf der Protokollebene sorgt der Start der neuen Layer‑1-Blockchain Monad für Diskussionen. Der frühere BitMEX-CEO Arthur Hayes bezeichnete das Projekt als „another high FDV, low-float VC coin“ und warnt, dass der Token MON um bis zu 99 % abstürzen könne, sollte sich der derzeitige Hype nicht in nachhaltige Nutzung und Nachfrage übersetzen.

Hayes verweist auf die hohe Fully Diluted Valuation (FDV) im Verhältnis zum geringen Umlaufangebot, ein Muster, das laut seiner Einschätzung häufig zu anfänglichen Kursspitzen führt, gefolgt von massiven Abverkäufen, sobald Insider-Token freigeschaltet werden. Langfristig rechnet er nur wenigen Layer‑1-Netzwerken – darunter Bitcoin, Ether, Solana und Zcash – realistische Überlebenschancen über mehrere Zyklen hinweg zu.

Siehe auch  „Ethereum: Auf dem Weg zu 4.000 Dollar - Widerstand bei 3.400 Dollar“

Trotz der Risiken bei neuen Chains wächst der DeFi-Kreditmarkt stark. Nach Analysen von Galaxy Research ist das ausstehende Kreditvolumen im dritten Quartal auf knapp 25 Milliarden US‑Dollar gestiegen, mehr als 200 % über dem Stand zu Jahresbeginn und so hoch wie seit dem ersten Quartal 2022 nicht mehr. Führend seien heute stärker regulierte und transparentere Anbieter wie Tether, Nexo und Galaxy.

Laut Galaxy-Forschungschef Alex Thorn ist die Zahl der zentralisierten Kreditplattformen in den letzten drei Jahren erheblich gestiegen, wobei deutlich mehr Offenlegung zu Risiko, Sicherheiten und Kreditbüchern erfolge als in früheren Zyklen. Das Gesamtvolumen bleibt allerdings noch unter dem früheren Spitzenwert von 37 Milliarden US‑Dollar.

Auch im Bereich Bitcoin-Interoperabilität gibt es neue Impulse. Das Protokoll „Portal to Bitcoin“ meldete eine Finanzierungsrunde über 25 Millionen US‑Dollar unter Führung des Digital-Asset-Kreditgebers JTSA Global, nach früheren Investments von Coinbase Ventures, OKX Ventures und Arrington Capital. Zugleich kündigte das Team den Start eines „Atomic OTC“-Desks an.

Dieser OTC-Handel setzt auf atomare Swaps für große Cross-Chain-Blocktrades, ähnlich wie Lösungen von THORChain oder Chainflip. Portal fokussiert sich jedoch klar auf Bitcoin als Settlement-Layer für institutionelle und Whale-Trades, ohne Brücken, Verwahrer oder Wrapped Assets einzusetzen.

Während der DeFi-Sektor in der Breite zulegt, kam es bei einzelnen Token zu deutlichen Rücksetzern. So verzeichnete der Canton-(CC)-Token im Wochenvergleich einen Rückgang von 18 % und war damit der größte Verlierer in den Top 100 nach Marktkapitalisierung. Starknet (STRK) fiel im gleichen Zeitraum um 16 %.

Die Gesamtsumme des in DeFi-Protokollen hinterlegten Kapitals (Total Value Locked, TVL) bleibt laut DefiLlama trotz kurzfristiger Preisrückgänge hoch, was auf eine weiterhin robuste Nutzung hindeutet. Viele Investoren warten nun auf neue Impulse von der Geldpolitik der US-Notenbank.

Die nächste Zinsentscheidung der US-Notenbank Federal Reserve steht am Mittwoch an. Laut dem FedWatch-Tool der CME Group preisen die Märkte derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von 87 % einen Zinsschritt von minus 25 Basispunkten ein, deutlich mehr als die 62 % vor einem Monat. Eine solche Lockerung könnte Risikoanlagen wie Bitcoin, Ether und DeFi-Token zusätzlichen Rückenwind verschaffen.

Wie beeinflussen Treasuries, Regulierung und Infrastruktur den Ausblick für Bitcoin und DeFi?

Der Rückgang der Ether-Treasury-Käufe um 81 % signalisiert zunächst eine deutliche Abkühlung institutioneller Nettokäufe über DAT-Strukturen. Viele kleinere oder riskanter aufgestellte Treasuries scheinen ihre Ankaufsprogramme zu drosseln oder zu pausieren, um Liquidität zu schonen und auf klarere makroökonomische Signale zu warten.

Gleichzeitig zeigt das Verhalten von BitMine Immersion Technologies, dass kapitalkräftige Akteure Phasen der Unsicherheit nutzen, um ihre strategischen Positionen auszubauen. Das Ziel, 5 % des gesamten Ether-Angebots zu kontrollieren, unterstreicht die langfristige Überzeugung einiger Unternehmen in Ethereum als Basisschicht für Smart Contracts und DeFi.

Für den Markt entsteht dadurch eine Konzentrationsdynamik: Während kurzfristig orientierte Investoren und kleinere Treasuries den Fuß vom Gas nehmen, bauen wenige große Wale ihren Anteil an. Dies kann mittelfristig die Liquidität auf der Verkäuferseite verknappen und die Sensitivität des Ether-Preises gegenüber neuen Kapitalzuflüssen erhöhen.

Siehe auch  Hyperliquid: 300% Kursanstieg und Führungsposition im DeFi-Markt

Die geplante Zinsentscheidung der Fed ist ein weiterer Schlüsselfaktor. Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte, wie sie aktuell zu 87 % eingepreist ist, würde die Attraktivität von risikobehafteten Anlagen relativ zu US-Staatsanleihen erhöhen. Davon könnten insbesondere Assets mit knappem Angebot wie Bitcoin und Ether profitieren.

Für DeFi ist die Positionierung von Citadel Securities gegenüber der SEC richtungsweisend. Sollte sich die Interpretation durchsetzen, dass DeFi-Plattformen mit tokenisierten Aktien vollumfänglich den Regeln für Börsen und Broker-Dealer unterliegen, würde dies die Eintrittsbarrieren für Entwickler erheblich erhöhen und Permissionless-Modelle unter Druck setzen.

Ein strenges, technologie-neutrales Regime könnte zwar Vertrauen bei institutionellen Anlegern fördern, gleichzeitig aber kleinere, innovative Teams abschrecken. Der regulatorische Ausgang wird mitbestimmen, ob sich tokenisierte Wertpapiere vor allem in geschlossenen, regulierten Umgebungen oder in offenen DeFi-Protokollen durchsetzen.

Arthur Hayes’ Warnung vor Monad und ähnlichen „high FDV, low-float“-Projekten rückt die Tokenökonomie neuer Chains in den Fokus. Ein hoher Abstand zwischen FDV und zirkulierendem Angebot erhöht das Risiko, dass frühe Investoren bei Unlocks massenhaft verkaufen, während der Markt noch nicht genug organische Nachfrage generiert hat.

Für Anleger bedeutet dies, dass nicht nur Technologieversprechen und TPS-Zahlen, sondern vor allem auch Vesting-Pläne, Verteilung und realer Nutzungsgrad entscheidend sind. Hayes’ Einschätzung, dass nur wenige Layer‑1-Protokolle dauerhaft bestehen könnten, impliziert eine künftige Marktbereinigung zugunsten robuster, weit genutzter Netzwerke.

Der starke Anstieg des DeFi-Kreditmarktes auf fast 25 Milliarden US‑Dollar bei zugleich größerer Transparenz deutet darauf hin, dass die Branche Lehren aus den Insolvenzen früherer Zyklen gezogen hat. Anbieter wie Tether, Nexo und Galaxy legen zunehmend detaillierte Daten zu Sicherheiten, Gegenparteien und Laufzeiten offen, was das Vertrauen in zentrale Kreditplattformen stärkt.

Zugleich wächst das Ökosystem von dezentralen Lösungen, die Kreditvergabe, Hebel und Liquidität ohne zentrale Intermediäre bereitstellen. Die Kombination aus regulierten, transparenten CeFi-Kreditgebern und weiterentwickelten DeFi-Protokollen schafft einen differenzierten Markt, in dem Nutzer je nach Risikoprofil wählen können.

Die Finanzierung von Portal to Bitcoin und der Start des Atomic-OTC-Desks zeigen, dass der Trend hin zur Nutzung von Bitcoin als neutrale Abwicklungsschicht für Cross-Chain-Transaktionen anhält. Institutionelle und große Privatanleger erhalten dadurch die Möglichkeit, große Beträge trustless über Ketten hinweg zu tauschen, ohne Brückenrisiken oder Verwahrstellen einzugehen.

Solche Infrastrukturlösungen können die Rolle von Bitcoin im Finanzsystem schrittweise verändern: weg von einer reinen „Store-of-Value“-Erzählung hin zu einer Basis für den Settlement von verschiedensten digitalen Vermögenswerten. Für DeFi ergeben sich dadurch zusätzliche Liquiditätsquellen und Arbitrage-Möglichkeiten.

Auf der Marktseite zeigen die Kursverluste bei Token wie Canton (CC) und Starknet (STRK), dass selektive Risiken bestehen bleiben. Während Blue-Chip-Assets wie Bitcoin und Ether von der Erwartung sinkender Zinsen und wachsender institutioneller Nutzung profitieren, stehen experimentellere Protokolle stärker unter Bewertungsdruck.

Die Entwicklung des Total Value Locked im DeFi-Sektor spricht trotz dieser Volatilität für eine zunehmende Verankerung von DeFi-Anwendungen im Krypto-Ökosystem. Kapital bleibt gebunden, Protokolle werden weiter genutzt und ausgebaut – ein Hinweis darauf, dass DeFi inzwischen über reine Spekulation hinausgewachsen ist.

Fazit

Entscheidend für die nächsten Wochen wird sein, ob eine mögliche Fed-Zinssenkung, anhaltende Ether-Akkumulation durch Großinvestoren und neue DeFi-Infrastruktur wie Portal to Bitcoin ausreichen, um Bitcoin dauerhaft über 90.000 US‑Dollar und DeFi auf Wachstumskurs zu halten.

Sebastian Knell

Sebastian Knell – DeFi-Kolumnist - Sebastian analysiert dezentrale Finanzsysteme (DeFi) und erklärt, wie Blockchain-basierte Finanzlösungen funktionieren. Er hat Erfahrung im Bankwesen und Fintech und schreibt über Kreditprotokolle, automatisierte Handelsstrategien und smarte Verträge. Seine Artikel bieten klare Erklärungen für Anleger und Entwickler, die DeFi besser verstehen wollen.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"