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Assange gebrochen: USA haben Exempel statuiert

Assange ist gebrochen

Ein Kommentar von Lukas Wessling

Datum: 21.02.2024, 18:11 Uhr

Es ist an der Zeit, dass die USA Julian Assange in Frieden lassen. Er hat für das Geheimnisverrat teuer bezahlt, die Vereinigten Staaten haben ihren Standpunkt sehr klar gemacht: Ihre Kriegsverbrechen gehen niemanden etwas an.

Derzeit verhandelt der Londoner High Court, ob Wikileaks-Gründer Julian Assange weiter gerichtlich gegen seine Auslieferung in die USA kämpfen darf. Für eine solche Überstellung haben die USA lange gekämpft. Dabei könnte ihnen das einelei sein. Assange ist ein gebrochener Mann, das Exempel ist längst statuiert: Es ist gefährlich, Geheimnisse der USA zu offenbaren. Alle haben das verstanden. Es gibt keinen Grund mehr, Assange weiter zu verfolgen.

Daran ändern auch alle Facetten der Geschichte nichts, über die nun wieder diskutiert wird: Ob das US-Spionagegesetz eine Verurteilung zuläßt. Aus welchen Motiven Assange Wikileaks begründet. Dass er sich von den Russen einspannen ließ und damit Trump zum Wahlsieg verhalf. So schwer der Vorwurf auch wiegt: Nicht einmal, ob er in Schweden wirklich zwei Frauen sexualisierte Gewalt angetan hat, tut in dieser Frage etwas zur Sache. Assange wird von den USA als Geheimnisverrat vorgeworfen. Dafür hat er teuer bezahlt, auch ohne Auslieferung. Die politische Botschaft, die die USA senden wollten, ist angekommen: Die Vereinigten Staaten dulden keinerlei Einmischung in ihre Kriegsverbrechen.

Assange hatte es gewagt, auf seiner Internetplattform geheime Dokumente in zuvor ungekanntem Ausmaß zu veröffentlichen. Lange schien es, als würde er damit durchkommen. Viele Menschen waren davon beeindruckt, begeistert; Assange war ein politischer Popstar, ein digitaler Rebell.

Verurteilung wäre fatales Signal

Mit der Zeit wurde aber klar, dass sich Assange verhoben hatte. Er hatte die Interessen von Organisationen empfindlich verletzt, denen Wikileaks nur Aufmerksamkeit entgegensetzen konnte. Aber Aufmerksamkeit ist nie von Dauer. Das US-Militär, FBI und CIA hatten Zeit. Sie konnten über Jahre hinweg dabei zusehen, wie Assange in der ecuadorianischen Botschaft verzweifelt war. Irgendwann dachte man, der Mensch bei Assange sei nicht mehr ein begeisterter Kriegsverbrecher, sondern ein verwirrter Mann mit langem weißem Bart oder an die Vergewaltigungsvorwürfe. Assange hat das Übrige dazu getan, er hat sich vor Putins Karren spannen lassen, immer wieder überwarf er sich mit Verbündeten.

Mittlerweile ist Assange für die meisten kein weißer Ritter mehr, eher ein Bettler vor dem Stadttor: Man hat Mitleid, will ihm aber lieber nicht zu nahekommen. Nur wenige werden ihm das wünschen, was er durchmacht. Kaum jemand will, dass Assange sich in einem US-Sicherheitstrakt das Leben nimmt. Das hielt eine britische Richterin 2021 für so wahrscheinlich, dass sie die Auslieferung verbot.

Assange hat längst gelitten. Für seinen Verrat, sagen die einen. Für seinen Mut, sagen die anderen. Es spielt keine Rolle. Eine Auslieferung und ein Prozess in den USA mit einem minderwertigen Urteil würden die Bestrafung missliebiger Journalisten zur Staatsdoktrin machen. Aus lähmender Verunsicherung würde vernichtende Sicherheit entstehen.

Die USA sollten sich zufriedengeben. Sie haben genug deutlich gemacht, wie ungern sie ihre Staatsgeheimnisse offenbaren sehen. Präsident Joe Biden könnte das US-Justizministerium auffordern, die Anklage gegen Assange zu prüfen. Mit einem neuen Leitfaden stärkte das Ministerium erst letzte Woche die Rechtssicherheit von Journalistinnen und Journalisten. Die Verschonung Assanges wäre das wesentlich handfestere, wertvollere Signal in Richtung Presse. Eines, das bitter notwendig ist. Besonders, wenn Donald Trump im nächsten Jahr wiedergewählt werden sollte.

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