Die Fronten im Ukraine-Krieg
Die Fronten im Ukraine-Krieg sind erst gestartet. Russland macht Druck, Kiew sucht eine neue Strategie. Die Szenarien im dritten Kriegsjahr.
Das neue Jahr lässt sich für die Ukraine furchtbar an. Landesweit: Luftangriffe. Russland feuert sogar die hochmodernen Raketen des Typs Kinschal ab, die schnell, präzise und schwer abzufangen sind; und eigentlich selten eingesetzt werden, da sie nicht in großen Mengen vorliegen. Sucht Russland die Entscheidung? Was sind die Szenarien im bald dritten Jahr im Ukraine-Krieg? Am wahrscheinlichsten ist ein Stellungskrieg, ein opferreiches Weiter-So. Für Offensivaktionen scheint Russland mehr Optionen als die Ukraine zu haben.
Die Gegenoffensive hat sich festgefahren. Präsident Wolodymyr Selenskyj sucht Notgedrungen nach einer neue Strategie. 2024 wird wieder stärker im Zeichen der Verteidigung stehen. „Es wird höchstwahrscheinlich keine Tiefen und schönen Durchbrüche geben“, verkündete der Oberkommandierende Walerij Saluschnyj in einem aufsehenerregenden Artikel im „Economist“. Aufsehenerregend illusionslos.
Russen haben ihre Ausgangslage verbessert
Nachdem vereinzelt Kritik an westlichen Waffen, an Ratschlägen und Ausbildung (nicht gefechtsnah) laut geworden war, setzen die USA ein Zeichen: Ein hoher Militär, Generalleutnant Antonio Aguto, soll näherrücken, sich 2024 für längere Zeiträume in Kiew aufhalten. Bisher koordinierte er die Militärhilfe für die Ukraine – zumeist von Wiesbaden aus.
Klar ist, Russland geht mit Hohes Selbstvertrauen im kahlen dritten Kriegsjahr. Laut „Washington Post“ geht auch das Pentagon davon aus, dass Moskau 2024 über mehr Truppen, Munition und Raketen verfügt und mit seinen Drohnen, viele aus dem Iran, seinen Feuerkraftvorteil ausgebaut hat.
Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt
Ukrainisches Durchhaltevermögen
Im Ukraine-Krieg gibt es für Selenskyj im Grunde nur ein Szenario: durchhalten. Die Amerikaner – stets für eine griffige Formel gut – empfehlen ihm eine Strategie des „Haltens und Aufbauens“. Die „Washington Post“ formulierte es nüchtern: Die Ukrainer sollen sich eingraben, das Territorium halten, Reserven aufbauen. Zwischen den Feiertagen kündigte die Armee an, bis zu einer halben Million neuer Soldaten einzuziehen.
Zu den harten Wahrheiten gehört, dass die Ukraine mit einem knapperen Budget kämpfen und ihre Fähigkeiten zur Waffenproduktion ausbauen muss.
Abnutzungskrieg und die Rolle der USA
„Das größte Risiko eines Abnutzungskriegs ist“, erläutert Saluschnyj., „dass er sich jahrelang hinziehen kann“. Schon 2023 hat sich die Front ungeachtet eines ukrainischen Coups im Süden eher unwesentlich verschoben, die Russen haben 200 bis 300 Quadratkilometer hinzugewonnen, nicht mehr. Bezahlt wurden diese Bodengewinne mit enorme Verluste auf beiden Seiten.
F-16-Kampfjets und Waffenproduktion
Hoffnung macht der Ukraine auch, dass sie im neuen Jahr die ersten von westlichen Partnern gelieferten F-16-Kampfjets bekommen wird, nachdem die Ausbildung des Piloten weit fortgeschritten ist. „Wir werden sie auf jeden Fall an unserem Himmel sehen“, verspricht Selenskyj. Die Lufthoheit bleibt indes ein Wunschbild, solange die russische Abwehr so stark ist.
Täuschungs- und Angriffsdrohnen und die Rolle Deutschlands
Die Ukraine muss massive Angriffe mit Täuschungs- und Angriffsdrohnen „führen, um die russischen Luftverteidigungssysteme zu überlasten“. Zur Ausbildung neuer Soldaten werden gezielt Ausbildungszentren ins Ausland verlegt. Gleiches gilt auch für Reparaturen.
Schlussfolgerung
„Dieser Krieg wird noch länger dauern“, sagte der frühere Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger beim Nachrichtenportal „T-Online“ voraus. Die Lage bleibt kritisch, und es ist längst ausgemacht, welche Kriegspartei die Wut am stärksten zu spüren bekommen wird.