Die Überweisung des russischen Zentralbankvermögens an die Ukraine: “Make Russia Pay” ist rechtlich möglich
In einer in Europa eher ungewöhnlichen Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine hat die EU rund 210 Mrd. Euro des russischen Zentralbankvermögens eingefroren. Von diesem Betrag befinden sich zwischen 180 und 200 Mrd. Euro in einer Clearinggesellschaft in Belgien. Aktuell ist geplant, nur die Erträge dieses Vermögens an die Ukraine auszuzahlen, anstatt das gesamte Geld zu überweisen.
Reparationszahlungen an die Ukraine
Die Forderung nach einer Überweisung des gesamten eingefrorenen Vermögens an die Ukraine basiert auf der völkerrechtlichen Verantwortung Russlands, der Ukraine Reparationen zu leisten. Die Weltbank bezifferte die Schäden, die Russland der Ukraine durch seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zugefügt hat, auf etwa 411 Mrd. Euro im März 2023. Da die Ukraine derzeit hauptsächlich von den USA finanziell unterstützt wird, ist es wichtig, alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu finden, insbesondere wenn die politischen Querelen im US-Kongress zu Verzögerungen bei den Hilfspaketen führen.
Deutsche Regierung zögert
Obwohl die Biden-Administration Interesse an der Idee zeigt, ziert sich die deutsche Regierung und führt volkswirtschaftliche sowie rechtliche Argumente an, um die Überweisung des gesamten russischen Zentralbankvermögens an die Ukraine zu verhindern. Es gibt Bedenken, dass andere Staaten ihr Kapital aus dem Euro-Raum abziehen könnten, wenn solch drastische Maßnahmen ergriffen werden. Zudem besteht die Angst vor möglichen Gegenschlägen Russlands, wie der Konfiskation von westlichem Unternehmensvermögen.
Legale Möglichkeiten für die Überweisung
Rechtlich gesehen gibt es keine völkerrechtliche Vorschrift, die die Überweisung des russischen Zentralbankvermögens an die Ukraine verbietet. Pragmatische Erwägungen zeigen, dass das russische Zentralbankvermögen seit rund zwei Jahren eingefroren ist, ohne dass dies zu bedeutenden Kapitalabflüssen aus dem Euro-Raum geführt hat. Die Idee einer Überweisung wird auch nicht als allgemeine Sanktion betrachtet, sondern als Reparation für schwerwiegende Verstöße gegen das Völkerrecht.
Verfassungsrechtlich unproblematisch
Nach deutschem Recht steht einer Einziehung des russischen Staatsvermögens nichts entgegen. Ein Parlamentsgesetz wäre zwar erforderlich, dieses könnte jedoch so gestaltet werden, dass eine langwierige Gerichtsverfahren vermieden werden. Verfassungsbeschwerden Russlands wären aufgrund der fehlenden Grundrechtsfähigkeit nicht zulässig.
Fazit
Die Überweisung des russischen Zentralbankvermögens an die Ukraine ist nicht nur rechtlich möglich, sondern auch dringend nötig, um die Durchhaltefähigkeit der Ukraine zu sichern. Sowohl völkerrechtlich als auch verfassungsrechtlich gibt es keine durchgreifenden Bedenken gegen diesen Schritt.