Schleswig-Holstein: Trockenheit bremst Landwirtschaft aus
Seit Wochen fehlt im Land der Regen. Das ist nicht nur in der Landwirtschaft spürbar, sondern auch in den heimischen Gärten. Wie mit dem Wassermangel in Zukunft umgegangen werden kann – darüber macht man sich landesweit Gedanken.
Auf den ersten Blick wirkt das Feld üppig und grün. Doch Landwirt Heinrich Mougin ist besorgt. Auf seinem Acker im Kreis Ostholstein sind die Weizenpflanzen zu klein. Durch die anhaltende Trockenheit haben sich Risse im Boden gebildet, knapp 40 Zentimeter tief. “Die Pflanzen haben es schwer, Wasser aufzunehmen”, sagt Mougin. Das habe Konsequenzen für die Ernte. “Wenn in den nächsten zehn Tagen kein Niederschlag fällt, gibt es bei uns keine guten Erträge”, so der Landwirt.
Im wassergeprägten Schleswig-Holstein sind die Böden an manchen Orten schon jetzt so trocken wie im Hochsommer. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung zeigt in seinem Dürremonitor eine “ungewöhnliche” Trockenheit für das Land (Stand 7. Juni 2023). Für die Landwirtschaft ist das eine Herausforderung. Bei Sorten wie Weizen, Gerste, Hafer oder Ackerbohnen, die auf sandigen, leichten Geest-Böden wachsen, werden Ertragseinbußen befürchtet.
Professor Friedhelm Taube beobachtet das veränderte Klima schon lange. Der Agrarexperte forscht am Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft in Schleswig-Holstein. “Das Anbaumuster wird sich verändern müssen”, sagt Taube. Anstelle von Mais könnte in Zukunft verstärkt Kleegras angebaut werden. Klee reichert den Stickstoff im Boden an und macht den Boden fruchtbar. “Die Landwirte müssen Anreize bekommen, dass das Wasser stärker in der Landwirtschaft gehalten wird”, so Taube. Mit unterschiedlichen Fruchtfolgen könnte das gelingen, denn ein nährstoffreicher Boden speichert Wasser länger.
Während erste Ideen im Land diskutiert werden, hat Henning Knutzen aus Hürup (Kreis Schleswig-Flensburg) eine Möglichkeit gefunden, seinen Ackerboden auf längere Trockenperioden vorzubereiten. Er verfolgt den Ansatz der Experten und pflanzt Mischkulturen auf seinen Feldern, das unterstützt die Humusbildung von Pflanzen. Diese Böden, eine Mischung aus Pflanzen und verschiedenen Mikroorganismen, sind fruchtbarer und speichern die Feuchtigkeit. “Wenn diese dann langsam wieder abgegeben wird, kann der Boden Trockenheiten lange überstehen”, so Knutzen.
Wenn die Ernte bei verändertem Klima schlechter ausfällt, könnte ein weiterer Ansatz helfen: Die Nutzung von Photovoltaikanlagen kompensiert finanzielle Einbußen für Landwirte, meint Taube. Die Debatte über die Nutzung von Agrarflächen für Energie-Gewinnung oder für landwirtschaftliche Zwecke ist eine alte Kontroverse. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) besuchte dazu kürzlich zwei Photovoltaik-Parks im Land, die versuchen diesen Konflikt zu lösen.
Die Trockenheit ist in den heimischen Gärten spürbar. “Das Wasser wird in Zukunft sehr kostbar werden”, sagt Lars Hansen vom Wasserverband Treene. Der Wasserverband beliefert 48 Gemeinden im Land. Sorgen macht sich Hansen derzeit nicht. Wenn jedoch die Trockenheit im Land weiter anhält, könnten weitere Maßnahmen entstehen. Das würde bedeuten, dass die Landwirte erst ab 22 Uhr Wasser entnehmen können und die Feuerwehren auf Trockenübungen zurückgreifen müssen. Ein Beregnungsverbot wie zuletzt 2018 sei derzeit jedoch nicht abzusehen.
Das Thema wird auch von der Bundesregierung gesehen. Das Kabinett beschloss, ebenfalls den Klimawandel vor Augen, im März dieses Jahres eine Nationale Wasserstrategie. Diese enthält zentrale Maßnahmen für die Länder, um regionale Unterschiede der Wasserversorgung auszugleichen. Schleswig-Holstein will sich hier “intensiv einbringen”. Eine eigene Wassermanagementstrategie des Landes soll jedoch erst zum Jahr 2029 vorliegen.