Brexit und die Auswirkungen auf den Derivatehandel
Analysten und an den Verhandlungen beteiligte Personen sind skeptisch, dass die EU-Pläne, den Derivatehandel über ihre eigenen Märkte zu leiten, der City of London einen nennenswerten Teil des lukrativen Clearing-Geschäfts entreißen werden. Nachdem die Gesetzgeber der Union nachgelassen haben, werden die neuen Regelungen als ein Rückzieher Brüssels von früheren Ambitionen angesehen, die überwältigende Dominanz Londons beim Clearing von Euro-denominierten Derivaten zu brechen.
Hintergrund und aktuelle Situation
Das Clearing von Finanztransaktionen ist seit dem Brexit-Votum 2016 ein politisches Schlachtfeld geworden, da die Union versucht, die Dominanz Londons zu brechen und die Widerstandsfähigkeit ihrer eigenen Finanzmärkte zu stärken. London dominiert das Geschäft mit Clearingstellen, insbesondere in Bezug auf Euro-denominierte Derivate. Der London Stock Exchange Group (LCH), das größte Clearinghaus in Europa, wickelt mehr als 90 Prozent der auf Euro lautenden Derivate-Geschäfte ab.
Neue Regeln und Erwartungen
Die kürzlich vereinbarten Regeln erfordern, dass in der EU ansässige Banken und Finanzinstitute aktive Konten bei einer Clearingstelle in der Union eröffnen. Der Mindestschwellenwert für Geschäfte, die über die EU abgewickelt werden müssen, wird festgelegt und hängt auch vom Wert der getätigten Geschäfte ab. Die Erwartungen in Bezug auf eine signifikante Verlagerung des Handels aus London in die EU sind jedoch gedämpft, da die neuen Regeln als nicht so ambitioniert und ehrgeizig angesehen werden, wie ursprünglich erhofft.
Französisch-deutsche Spannungen und Interessen
Die Ambitionen einzelner EU-Mitgliedstaaten in Bezug auf den Derivatehandel haben zu Spannungen geführt. Frankreichs Position hat sich zu Gunsten der Interessen seiner eigenen Bankenlobby verändert, während Deutschland ebenfalls seine eigenen Interessen verfolgt. Der Brexit hat dazu geführt, dass die EU London eine vorübergehende regulatorische “Äquivalenz” gewährt hat, die es der Stadt ermöglicht, bis Juni 2025 auf Euro lautende Derivategeschäfte abzuwickeln. Marktteilnehmer gehen jedoch davon aus, dass der Zugang wahrscheinlich verlängert wird.
Reaktionen und Ausblick
Banken, Vermögensverwalter und Makler haben sich vehement gegen eine erzwungene Ablösung aus London gewehrt und sehen die neuen Regeln als weniger belastend als befürchtet. Trotzdem gibt es weiterhin Bedenken hinsichtlich der Konteneröffnung in der Union. Die EU hat offensichtlich darauf geachtet, den Handel nicht durch den Block zu erzwingen, was als ein potenzieller Sieg für London und Marktteilnehmer, die die Stadt nutzen, angesehen wird.
Insgesamt bleibt die Unsicherheit über die langfristigen Auswirkungen der neuen Regeln auf den Derivatehandel bestehen, insbesondere vor dem Hintergrund des Brexit und der bestehenden politischen Spannungen innerhalb der EU.