Die Wall Street hat sich in letzter Zeit zu einem Vorreiter der Innovation kryptobasierter Technologien entwickelt. Während verschiedene Start-ups daran gescheitert sind, aus Krypto-Tokens, die auf Blockchains basieren, ein profitables Geschäft aufzubauen, versuchen nun etablierte Investmentbanken und Vermögensverwalter, diese Technologie zu nutzen und auf den Handel mit bewährten, stark regulierten Vermögenswerten wie Aktien und Anleihen anzuwenden.
Die große Idee, die hier im Mittelpunkt steht, ist die Tokenisierung. Dabei werden rechtliche Vermögenswerte, wie zum Beispiel Staatsanleihen, in digitale Tokens umgewandelt, die in einem Blockchain-Ledger gespeichert sind, das von vielen Parteien gemeinsam genutzt wird. Der Token stellt das rechtliche Eigentum dar und enthält wichtige Informationen zu Vorbesitzern, Transaktionen, Handel und Regulierung. Diese Informationen sind unveränderlich und können nicht von einer einzelnen Partei bearbeitet werden. Das Hauptbuch kann öffentlich sein oder zwischen einer ausgewählten Gruppe von Parteien geteilt werden.
Fast jede Art von Vermögenswert kann in einen Token umgewandelt werden, aber derzeit liegt der Schwerpunkt auf Vermögenswerten, die an außerbörslichen Märkten gehandelt werden, wie zum Beispiel Anleihen und Geldmarktfonds.
Der Grund, warum sich die Wall Street auf Blockchain und Anleihen konzentriert, liegt darin, dass Teile des Anleihenmarkts langsamer auf neue Technologien reagieren, da sie illiquider sind und mehr menschliches Eingreifen erfordern als andere Märkte. Anleihen haben unterschiedliche Laufzeiten und werden häufig privat gehandelt, was zu fragmentierten und undurchsichtigen Informationen führt. Dennoch sind sie ein wichtiger Teil des globalen Finanzmarktes. Staatliche Anleihen werden als Sicherheit für Margen oder Versicherungen akzeptiert, um Handel und andere Aktivitäten abzusichern.
Blockchain ermöglicht es einer ausgewählten Gruppe von Kunden, auf das Netzwerk zuzugreifen. Jeder Kunde hat Zugriff auf das tokenisierte Asset und hat einen eigenen Knoten im Blockchain-Netzwerk, an dem Transaktionen überprüft werden. Dies ermöglicht den Zugang zum Markt für tokenisierte Vermögenswerte. JPMorgan bietet zum Beispiel über Onyx Digital Assets den Handel mit festverzinslichen Wertpapieren an. Täglich werden dort gehandelte tokenisierte Vermögenswerte im Wert von 1 bis 2 Milliarden US-Dollar abgewickelt. Andere Banken wie die UBS bauen ebenfalls eigene Netzwerke auf.
Die Aufnahme von Anleihetransaktionen in ein verteiltes Blockchain-Ledger kann bei der Abwicklung von Margin- und Sicherheitenvereinbarungen helfen. Kundenbanken leihen oft vorübergehend Geld, um den Bedarf an Mitteln zu decken. Hier kann ein tokenisierter Vermögenswert als Sicherheit dienen, um Kredite im Rahmen eines besicherten Darlehens aufzunehmen. Die Abwicklung von Geschäften auf diese Weise ermöglicht auch die Automatisierung bestimmter Prozesse, wie zum Beispiel die Rückgabe von Geldern und Vermögenswerten nach Ablauf des Vertrags.
Es gibt jedoch auch Nachteile bei der Abwicklung von Geschäften auf diese Weise. Es ist noch unklar, ob langfristig eine Nachfrage nach dieser Art der Handelsabwicklung besteht. Zudem müssen Banken zusammenarbeiten, damit ihre eigenen Plattformen miteinander funktionieren können. Viele Behörden müssen sich noch an diesen neuen Ansatz gewöhnen.
Die Wall Street bewegt sich schrittweise in Richtung Blockchain und setzt dabei auf die Tokenisierung von Vermögenswerten wie Anleihen. Diese Entwicklung bringt möglicherweise mehr Transparenz und Effizienz in den Anleihenmarkt, der bisher eher undurchsichtig war. Obwohl noch Herausforderungen zu bewältigen sind, ist die Wall Street fest entschlossen, die Möglichkeiten dieser innovativen Technologie zu nutzen.
