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Die beiden obersten Gerichte der Türkei liefern sich einen Krieg wegen inhaftierter Politikerin

Türkische Justizkrise: Oberstes Gericht gegen Verfassungsgericht

Das oberste Berufungsgericht der Türkei hat eine Strafanzeige gegen Mitglieder des Verfassungsgerichts eingereicht, die die Freilassung des inhaftierten Oppositionspolitikers Can Atalay angeordnet hatten. Diese Entscheidung hat das Land an den Rand einer politischen Krise gebracht.

Umstrittener Prozess und politische Verwicklungen

Can Atalay, ein 47-jähriger Anwalt, wurde letztes Jahr zusammen mit sechs weiteren Angeklagten zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Der Prozess war äußerst kontrovers und führte auch zur lebenslangen Haftstrafe des Philanthropen Osman Kavala. Dieser wurde beschuldigt, die verfassungsmäßige Ordnung stürzen zu wollen, indem er angeblich Proteste im Jahr 2013 gegen die Regierung finanzierte. Atalay wiederum vertrat das Rechtsverteidigungsteam der an den Protesten beteiligten Personen, und beide Männer bezeichneten die Anschuldigungen als politisch motiviert und fiktiv.

Politischer Werdegang und Konflikt mit der Justiz

Trotz seiner Inhaftierung gelang es Atalay, aus dem Gefängnis heraus als Kandidat für die linke Arbeiterpartei der Türkei (TIP) bei den Parlamentswahlen im Mai zu kandidieren. Nach seiner Wahl zum Vertreter der südlichen Provinz Hatay beantragte er beim Obersten Gerichtshof seine Freilassung, da er nun Immunität vor Strafverfolgung genoss. Der Oberste Gerichtshof wies Atalays Berufung jedoch im Juli zurück. Das Verfassungsgericht entschied schließlich letzten Monat, dass der Oberste Gerichtshof die Rechte von Atalay verletzt habe.

Hintergrund: Proteste im Gezi-Park und internationale Reaktionen

Der gesamte Strafprozess steht im Zusammenhang mit den Protesten im Jahr 2013, die als erste ernstzunehmende Herausforderung für die Herrschaft von Premierminister Recep Tayyip Erdogan galten. Die gewaltsame Niederschlagung der Proteste und die harte Verfolgung ihrer Anführer führten zu internationaler Kritik, insbesondere nachdem der Europarat Osman Kavala in diesem Jahr seinen höchsten Menschenrechtspreis verliehen hatte.

Aktuelle Lage und politische Reaktionen

Die Entscheidung des obersten Berufungsgerichts, Strafanzeige gegen Mitglieder des Verfassungsgerichts zu erstatten, hat zu einer akuten Justizkrise geführt. Die säkulare Oppositionspartei CHP in der Türkei hat eine Dringlichkeitssitzung einberufen, um die Krise zu diskutieren, während selbst einige Verbündete von Präsident Erdogan die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kritisieren. Die politische Spannung und die Uneinigkeit innerhalb der Justizinstitutionen lassen die Türkei in eine ungewisse Zukunft blicken.

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